Küchenparty im Sterne-Restaurant
Es gibt Dinge in meinem Leben, bei denen bin ich tatsächlich noch aufgeregt und habe viel Respekt vor der Aufgabe. Nein, das sind keine Showcookings oder Fernsehaufnahmen. Natürlich habe ich da auch Respekt davor und bin bestmöglich darauf vorbereitet.
Ich rede hierbei von einer Einladung zu einer Küchenparty in einem Sternelokal.
Wer mich kennt, weiß, dass ich größten Respekt vor dem Tun und Schaffen von gelernten Köchen habe. Die Arbeit, die hier geleistet wird und die Arbeitszeit, die abgerissen wird, verdient große Anerkennung. Allein schon wegen der Arbeitszeiten werde ich nie ein Restaurant eröffnen können. Ich schlafe viel zu gern.
Von dem Wissen um Produkte, Verarbeitung und kreativen Schaffensprozessen eines Kochs brauchen wir nicht zu reden. Man lernt nirgends so viel über das Koch-Handwerk, die Aromatik oder das Zusammenspiel von Komponenten, wie in einer Küche. Ich hatte das Glück nun schon öfters mal in Gastroküchen mitkochen zu dürfen und einen Einblick in den stressigen Alltag eines Kochs zu nehmen. Ich möchte das nicht missen und bin sehr dankbar dafür.
Als nicht-gelernter Hobbykoch, Foodblogger und Autodidakt war ich wirklich hoch erfreut und auch überrascht, als die Einladung eines Michelin-Sternelokals in mein E-Mail-Postfach flatterte. Die Maerz-Brüder vom Restaurant Maerz in Bietigheim luden mich ein, auf Ihrer Küchenparty einen Gang für Ihre Gäste zu kochen.
Ich musste da wirklich überlegen, ob ich diese Anfrage annehme.
Siebzig Gäste, mein Name auf der Karte, zwei ausgezeichnete Köche, welche die anderen Gänge schicken und dann das tolle Team rund um Sternekoch Benjamin Maerz – das ist eine Herausforderung. Wie soll ich da mit meinen gegen Sterneköche mickrig aussehende Kochkünsten bestehen? Blamieren wollte ich mich ja auch nicht bei den verwöhnten Gaumen der Gäste.
Wer immer das tut, was er bisher gemacht hat, bleibt auch immer das, was er ist.
Getreu diesem Motto sagte ich den Maerz-Brothers mit einem mulmigen Gefühl im Magen zu und machte mich an die Rezeptauswahl zum Thema „Streetfood aus aller Welt“.
Das Thema liegt mir – schließlich reise ich sehr viel und bringe aus allen Ländern immer Gerichte mit. Schnell wurden Benni und ich mir einig, dass wir „Scharfe Linsen mit Shrimps“ schicken werden. Gesund, sättigend, lecker und vielleicht auch eine Kombination, die nicht jeder Sterne-Gast erwartet.
Als ich nervöser als sonst in der Küche des Restaurants eintraf, tauchte ich ein in eine hochprofessionelle Arbeitsweise des Teams. Ich hatte eher einen hektischen Bienenstock erwartet. Schließlich mussten vier Gänge gekocht werden und dann immer für 70 Leute gleichzeitig fertig sein. Kein Stress, die Köche waren am Lachen, machten Späße und arbeiteten dennoch hoch konzentriert ihrer Arbeitsschritte ab. Routine eben.
Meine Linsen waren bereits vorbereitet. Selbst über die Zubereitung der verwendeten Belugalinsen kann ich noch was vom Sternekoch lernen, wie mir kurze Zeit später klar wurde. Bis zu viermal wurden diese vor dem Kochen gewaschen. Auf Nachfrage erklärte mir Sternekoch Benjamin, die Handhabung der Belugalinsen.
Mein Linsengericht auf dem Foodblog hatte lediglich eine, wenn auch intensive, Waschung hinter sich. Aber eben nur eine. Deshalb war mein Linsengericht auf dem Blog auch schwarz und das was bei mir an diesem Küchenparty-Abend herauskommen sollte dann doch eher bräunlich. Klar ist schwarz geiler als braun, aber die Farbe sollte dem Geschmack des Gerichtes keinen Abbruch tun. Wieder was gelernt.
Dann ging es auch schon los: Die Gäste waren da! Erster Gang von Sascha Quast, seines Zeichens Chefkoch des AIDA-Bord-Restaurant Rossini. Mit einem Schlag verwandelte sich die Küche in einen Bienenstock. Die Handgriffe mussten sitzen, damit die Gäste ihr Essen bekommen. Ich klinkte mich ins Team ein, bekam meine Aufgabe bei jedem Gang und versuchte zu ignorieren, das bei der Zubereitung immer mindestens zwanzig weitere Menschen und der Küche standen und dir über die Schulter schauten: Küchenparty eben.
Dann war mein Gang dran. Die Linsen waren fertig – noch kurz abschmecken. Garnelen braten. Anrichten. Schicken.
Als wir fertig waren, musste ich erst mal durch die Gäste laufen und schauen, ob das Gericht überhaupt ankam, ob es gegessen wurde oder ob die Gäste es in irgendeine Ecke hinter den Vorhang stellten.
Da alle Schalen leer zurückkamen, ging ich mal davon aus, dass es ganz OK war. Ganz verrückte Gäste holten sich noch eine zweite Portion. Sie haben wohl Hunger und mehrere Tage vor diesem Event nichts gegessen.
Der Abend verlief nach dem Motto: BÄÄMM BÄÄMM BÄÄÄMM und war schneller rum als ich Käsekuchen sagen konnte. Der Mix aus Arbeit, Kochen, Spaß, Gesprächen mit Gästen war für mich beeindruckend. Ich bin dankbar, wieder einen Einblick in die Sterneküche bekommen zu haben.
Vielen Dank an Benjamin und Christian Maerz für Euer Vertrauen, danke an Sascha Quast für den Spaß in der Küche, danke an das tolle Küchen- und Serviceteam rund um das Maerz-Restaurant und danke an die Gäste.
Es war im Nachhinein eine Erfahrung, die mich kochtechnisch wieder weiter gebracht hat und mir auch menschlich in gewisser Weise die Augen geöffnet hat.